Dieter Hinz

"mir ist so langweilig" - aus diesem Satz bestehen die Graphiken aus dem Zyklus Schriftbilder.







   Lange Weile  -  Nachruf von Friedhelm Kändler

Wir sind uns in jungen Jahren begegnet, sein Spitzname war "Mini" - und wir wussten nicht, dass wir später so was wie Schriftsteller und Maler sein würden. Freunde sorgten sich um "Mini", der sich einer Rockergang angeschlossen hatte, und von mir meinte man, ich könne gut reden, also sollte ich mitkommen. Für den Fall, dass uns die Gang zusammenschlagen wollte. Ich verstand mich gut mit dem Oberhaupt der Gang, und auch Dieter fand es witzig, dass wir uns sorgten, so lernte ich ihn kennen. Wir entdeckten bald, dass wir gemeinsame Fragen hatten, und gemeinsam keine Antworten.

Dann lief die Zeit weiter, wir verloren uns aus den Augen, folgten unseren Wegen, bis wir uns nach einer langen Weile wieder begegneten und über unsere Geschichte staunten. Unsere Fragen hatten Gestalt angenommen, bei mir waren sie zu Worten geworden, bei ihm zu Bildern.

"Mir ist so langweilig."

Ein Satz in Dieters Bildern, eine Aufregung, die immer wieder auftaucht. Eine Erklärung vielleicht - warum es gut ist, Welt zu schaffen. Für die andere Zeit, die nicht gefüllt ist. Ein Kommentar, der es witzig findet, dass wir uns sorgen?

Wir entdeckten bald unsere Gemeinsamkeit wieder, ich erinnere Streuselkuchen und Stunden vor dem Computer, beim gemeinsamen Drachentöten. Wir mochten die gleichen Spiele, erfrischten uns mit Kommentaren zur Welt und ihrem Willen zur Absurdität, ich zeigte Dieter meine Gedichte und staunte über die Zahl an Bildwerken, die sich bei ihm gesammelt hatten.

Lauter Werke aus langer Weile …

Bilder, in denen sich gleiches Verborgenes zeigt, die ihr Gesicht wechseln, je nachdem, wie entfernt Du dich näherst, die mit akribischer Gleichmut spiegeln, was es noch zu sehen gibt, und in denen sich mit ungeheurer Ausdauer Kleinstes zum Großen fügt. Bald hatten wir Pläne. Für mich kann die Zeit, Hannover zu verlassen, und ich wollte, dass er nachkommt. Es ist noch nicht einmal dazu gekommen, dass er anschauen konnte, welchen Platz es für ihn gegeben hätte, genügend Platz für Bilder.

Die nächste Weile war nicht mehr möglich. Auch nicht kurz.

Ich denke, er wird es witzig finden. Auch wenn ein nächstes Schönes vielleicht versäumt wurde. Auch wenn erneut so vieles zur Frage geworden ist statt zur Antwort. Zum Nachruf zuletzt. Einem Freund, einem großen Künstler hinterher geschallt. Er besaß die Souveränität, die ihn schöpfen ließ. In langer Weile. Ich hätte sie gern noch für eine Zeit mit ihm geteilt.